Rückweisung des Winterthurer Budgets 2021: Gemeinsame Medienmitteilung der unterstützenden Fraktionen
Prioritäten setzen und Führungsverantwortung wahrnehmen zu Gunsten unseres finanziellen Handlungsspielraums: Eine klare Mehrheit verlangt ein sofortiges Umdenken im Umgang mit dem Finanzhaushalt
Bei der Analyse herrscht durchs Band Einigkeit: Die Stadt Winterthur steht vor enormen finanziellen Herausforderungen: Der Schuldenberg ist gigantisch und wächst immer weiter an, das Eigenkapital droht auf Null zu sinken und in der nahen Zukunft ist ohne Gegenreaktion mit jährlichen Verlusten in zweistelliger Millionenhöhe zu rechnen. Auch der Umstand, dass im Jahr 2021 noch mit einem Gewinn gerechnet wird, ist auf den zweiten Blick keine positive Nachricht: Dieser Gewinn resultiert nur deshalb, weil mit massiven Mehreinnahmen aus der Grundstückgewinnsteuer gerechnet wird und Gelder von der Parkhausreserve oder den gebührenfinanzierten Bereichen in den allgemeinen Steuerhaushalt verschoben werden. Diese strukturellen Probleme im Finanzhaushalt sind keineswegs neu.
Schon seit Längerem wird jedoch eine entschlossene Reaktion des Stadtrates auf diese Problematik vermisst; zumindest eine solche, die über Steuerfusserhöhungen hinausgeht. Der von Corona gebeutelten Bevölkerung eine derart massive Steuererhöhung aufzubürden ist nicht vertretbar. Zudem ist sie in dieser Höhe ein katastrophales Signal an den Wirtschaftsstandort und keine nachhaltige Lösung. Denn selbst mit einer derart hohen Steuerfusserhöhung wird uns das zugrundeliegende strukturelle Problem unweigerlich früher oder später wieder einholen. Deshalb ist eine breit getragene Mehrheit bestehend aus fünf der sieben gemeinderätlichen Fraktionen überzeugt, dass ein sofortiges Umdenken erforderlich ist: Der Stadtrat wird mit der Rückweisung unmissverständlich aufgefordert, sich auch verstärkt der Ausgabenseite zuzuwenden. Erforderlich sind hierbei sowohl erste Reaktionen im Hinblick auf das Budget 2021 als auch fortlaufende Arbeiten an einem weitergehenden Massnahmenplan. Jeder Franken, der heute nachhaltig eingespart werden kann, entspricht vier Franken im Jahre 2024 und ermöglicht dadurch überhaupt einen finanziellen Handlungsspielraum der Stadt für zukünftige Bedürfnisse und Problemstellungen. Dieser Daueraufgabe soll fortan höchste Priorität eingeräumt werden und sie bedarf einer tiefgehenden Analyse der teilweise historisch gewachsenen Strukturen und Prozesse. Sie kann weiter nur dann befriedigend gelöst werden, wenn man das «Gärtchendenken» in den Departementen und Produktegruppen überwindet. Kurzum: Es ist eine schwierige, gesamtstadträtliche Führungsaufgabe, der man sich nun dringend mit oberster Priorität zuwenden muss.
Konkret wird im Rückweisungsantrag das Ziel skizziert, den Gesamtaufwand 2021 um CHF 7 Mio. nachhaltig zu reduzieren. Dieser Betrag ist massvoll, wenn man beachtet, dass es sich hierbei um lediglich 0.42% des Gesamtaufwandes handelt. Dieser Betrag ist zudem auch klar realisierbar, ohne dass es hierfür zu einem Kahlschlag bei den freiwilligen Leistungen kommen muss. Im Bewusstsein, dass ein finanzieller Befreiungsschlag nur gelingen kann, wenn alle Seiten zu Kompromissen bereit sind, lässt der Rückweisungsantrag auch Raum für eine massvolle Steuererhöhung auf maximal 125%. Diese Kompromissbereitschaft ist jedoch von gewissen Fraktionen an die klare Aufforderung gebunden, dass sich der Stadtrat ernsthaft mit den Anliegen und Sorgen der unterzeichnenden Fraktionen auseinandersetzt und glaubhaft Willen zum Umdenken zeigt – heute wie in Zukunft!
Die Rückweisung eines Budgets ist zwar eine einschneidende Massnahme, aber weder ein ungeregelter Zustand noch präzedenzlos: So hat beispielsweise die Stadt Zürich am 8. Dezember 2010 das Budget aus ähnlichen Beweggründen zurückgewiesen und es wurde in diesem Fall bereits am 26. Januar 2011 ein neues Budget vorgelegt, in welchen Einsparungen von rund CHF 150 Mio. erzielt wurden. Weiter enthält das Handbuch über den Finanzhaushalt der Zürcher Gemeinden klare Vorgaben, wie mit einer solchen Rückweisung und einem allfälligen Notbudget umzugehen ist. Es drohen somit keineswegs amerikanische Zustände, wie es teilweise faktenwidrig suggeriert wird.
Thomas Wolf, Fraktionspräsident SVP:
«Die SVP ist dezidiert der Ansicht, dass die Stadt mitten in der grössten Krise dieses Landes seit dem 2. Weltkrieg gerade an unnötigen und freiwilligen Leistungen zwingend sparen muss, anstatt den Bürgerinnen und Bürgern via Steuererhöhung noch mehr Geld zu entziehen. In der aktuellen Krise sind viele Einzelunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen ernsthaft in ihrer Existenz bedroht, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bangen um ihren Arbeitsplatz und der Stadtrat der Stadt Winterthur will sich in dieser Situation nur im Portemonnaie seiner Einwohner bedienen, baut den munter Staatsapparat aus und verschiebt alle Lasten auf die Steuerzahler: Dazu sagen wir klar Nein!»